
BVSE: Umfrage sieht Entsorgungsbranche am Limit
Die derzeitige Entsorgungslage zur energetischen Verwertung ist in Deutschland nach wie vor besorgniserregend. Die Kapazitäten der Müllverbrennungsanlagen sind nach Informationen von Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V., Bonn, bis ans Limit ausgelastet. Im Bereich der gewerblichen Entsorgung gibt es deshalb große Probleme, mit denen die Recycling- und Entsorgungsunternehmen kämpfen müssen.
Viele Müllverbrennungsanlagen in Deutschland sind stark ausgelastet. Wie problematisch die Situation ist, zeigt eine vom bvse durchgeführte Umfrage unter den mehr als 900 Mitgliedsunternehmen.
So antworteten rund 20 % der Teilnehmer, dass eine Anlieferung von Abfällen zur energetischen Verwertung derzeit nicht möglich ist. Bei 72,5 % ist eine Anlieferung zwar noch grundsätzlich möglich, aber nur mit (teilweise erheblichen) Verzögerungen. Nur noch rund 8 % gaben an, dass sie uneingeschränkt anliefern können. Dieser Wert hat sich gegenüber dem in dieser Hinsicht ebenfalls schon problematischen Vorjahr nahezu halbiert (15,1 %).
Die Situation der Abfalllager bei den Unternehmen ist ebenfalls schwierig. 70 % der Befragten gaben an, dass ihre genehmigte Lagermenge am Limit ist.
Nach Meinung des bvse ist ein wichtiger Grund dafür, dass immer noch zu große Abfallmengen nach Deutschland importiert und in den Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden. Der Recycling- und Entsorgerverband ist der Ansicht, dass Beseitigungsabfälle aktuell nicht mehr zur Verbrennung nach Deutschland importiert werden sollten. Auch der Anteil von Gewerbe- und Industrieabfällen, die zur Verbrennung importiert werden, muss deutlich reduziert werden.
Die Situation kann sich weiter verschärfen, denn nicht nur die Niederlande planen die Verbrennung zu verteuern, sondern auch Schweden diskutiert aktuell einen Gesetzentwurf, wonach ab April 2020 die Verbrennung von Abfällen besteuert werden soll. Das kann im Ergebnis dazu führen, dass noch mehr Verbrennungsabfälle in deutsche Anlagen umgeleitet werden.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie des NABU Naturschutzbund Deutschland e. V., Berlin, zeigt außerdem sehr deutlich, dass die Kapazitäten der Müllverbrennungsanlagen immer noch durch große Mengen Bioabfälle blockiert werden. Die gesetzlich vorgeschriebene Getrennthaltung von Bioabfällen wird teilweise immer noch nicht oder nicht konsequent genug umgesetzt. Für den bvse ist es nicht akzeptabel, dass nur deshalb Kapazitätsengpässe, Überlagerung und hohe Preise von der gewerblichen Wirtschaft und der Entsorgungsbranche geschultert werden müssen, weil die öffentliche Hand bestehende Gesetze nicht ausreichend befolgt.
Die Gewerbeabfallverordnung wird nicht zur erhofften Entlastung führen. Ein Recyclingpotential von 30 % aus gemischt anfallenden Gewerbeabfällen ist völlig unrealistisch. Nach Erfahrungen des Verbandes sind dort maximal 15 % Wertstoffpotential zu bewältigen.
Der Recyclingverband regt außerdem an, die Möglichkeit zu prüfen, über eine Sperrmüllverordnung die Wertstoffe in dieser Abfallfraktion für das Recycling nutzbar zu machen. Bisher geht diese Abfallfraktion zum größten Teil in die Verbrennung.
Für die Zukunft drohen jedoch weitere Probleme. So können aufgrund der geplanten Stilllegung von Stein- und Braunkohlekraftwerken nicht unbeträchtliche Mitverbrennungskapazitäten wegfallen. Auch das faktische Verbot der Klärschlammausbringung wird in Zukunft Verbrennungskapazitäten binden.
Deshalb muss die Politik nachjustieren. Das kann auch im Rahmen der derzeit zur Beratung anstehenden Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geschehen. Es ist nicht nur das Thema Bioabfall gemeint – die energetische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen mit optimierter Energieausbeute, in hocheffizienten Ersatzbrennstoffkraftwerken oder direkt in industriellen Herstellungsprozessen sollte möglich sein. Nur in diesen Anlagen kann für bvse-Hauptgeschäftsführer E. Rehbock, im Gegensatz zu den herkömmlichen Müllverbrennungsanlagen, eine hochwertige energetische Verwertung der Abfälle, die nicht recycelt werden können, realisiert werden.