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Erneuerbare Energie

WESTKÜSTE100 erhält Förderbescheid vom Bundeswirtschaftsministerium – 30 Mio. Euro Förderung zum Projektstart am 1. August 2020

In der vergangenen Woche erhielt das Konsortium des Projektes WESTKÜSTE100 vom BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Berlin, die Zusage und den Förderbescheid, im Rahmen des Programms „Reallabore der Energiewende“ das erste Wasserstoff-Projekt Deutschlands zu werden. Hinter dem Projekt steht ein Investitionsvolumen von insgesamt 89 Mio. Euro. Das bewilligte Fördervolumen zum Projektstart am 1. August 2020 beläuft sich auf 30 Mio. Euro. Damit rückt das Ziel des Reallabor-Projektes, schrittweise eine regionale Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab aufzubauen, einen entscheidenden Schritt näher. Insgesamt haben sich zehn Partner zu einem Konsortium zusammengeschlossen: Die EDF Deutschland, die Holcim Deutschland,  die OGE, die Ørsted Deutschland, die Raffinerie Heide, die Stadtwerke Heide, die Thüga und die thyssenkrupp Industrial Solutions gemeinsam mit der Entwicklungsagentur Region Heide und der Fachhochschule Westküste. Sie planen, „grünen“ Wasserstoff zu produzieren, diesen im Gasnetz zu transportieren, in industriellen Prozessen zu nutzen und unterschiedliche Stoffkreisläufe innerhalb einer bestehenden Infrastruktur zu verzahnen. So soll unter realen Bedingungen die Dekarbonisierung von Industrie, Mobilität und Wärmemarkt getestet werden. Denn das übergeordnete Ziel heißt: Klimaschutz.

Nach Aussage von Jürgen Wollschläger, Geschäftsführer der Raffinerie Heide und Koordinator des Projekts WESTKÜSTE100, sind 700-MW-Elektrolyse die Vision der Konsortialpartner und der nächste Meilenstein zur Umsetzung der in der Nationalen Wasserstoffstrategie festgelegten Ausbauziele bis 2030. Mit der Zusage der Fördersumme werden die WESTKÜSTE100-Partner gemeinsam an dieser „grünen“ Zukunft arbeiten und ein ökologisch wie ökonomisch nachhaltiges Geschäftsmodell aufbauen. Dabei verstehen alle Beteiligten die Energiewende sektorenübergreifend. Indem Industrie, Wissenschaft und Politik an einem Strang ziehen, soll die 700-MW-Vision Realität werden.

Start in der ersten Projektphase – die Elektrolyseanlage

Mit der Förderzusage kann das auf fünf Jahre angelegte Projekt jetzt in die erste Phase starten. Ein neu gegründetes Joint Venture, „H2 Westküste GmbH“, bestehend aus der EDF Deutschland, der Ørsted und der Raffinerie Heide wird einen 30-MW-Elektrolyseur errichten. Dieser wird aus Offshore-Windenergie „grünen“ Wasserstoff produzieren und dabei Erkenntnisse zu Betrieb, Wartung, Steuerung und Netzdienlichkeit der Anlage liefern.

Mit der Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie Anfang Juni 2020 ist für J. Wollschläger „grüner“ Wasserstoff zum Schlüsselelement der Energiewende in Deutschland geworden. Für die Mitarbeiter in der Raffinerie Heide ist der Erhalt des Förderbescheids der Startschuss, voller Energie für die Zukunft ein neues „grünes“ Geschäftsmodell rund um die Herstellung und Nutzung „grünen“ Wasserstoffs zu schaffen. Mit dem Bau und der Inbetriebnahme einer Elektrolyseanlage im industriellen Maßstab auf dem Gelände der Raffinerie wird das Unternehmen ein aktiver Teil der Industrie von morgen.

Auch Jean-Marc Bazenet, Geschäftsführer der EDF Deutschland GmbH und Christelle Rouillé, Chief Executive Officer der Hynamics, einem auf die dekarbonisierte Wasserstoffproduktion spezialisierten Tochterunternehmen der EDF, begrüßen die Entscheidung des BMWi die Förderung zu gewähren, die die Errichtung weiterer großer Elektrolyseanlagen ermöglicht und beschleunigen wird. Dieses Projekt ist Teil der Wasserstoffstrategie der EDF-Gruppe unter der Leitung von Hynamics, die darauf abzielt, den Mobilitäts- und Industriesektor zu dekarbonisieren.

Auch Volker Malmen, Geschäftsführer von Ørsted in Deutschland, ist über den positiven Bescheid erfreut. Dieses Projekt ist nach seiner Auffassung bislang einzigartig, denn es wird Offshore-Windenergie für eine großangelegte Wasserstoffproduktion genutzt. Keine andere erneuerbare Energiequelle liefert so zuverlässig große Mengen an „grünem“ Strom für die Elektrolyse. Daher ist es seiner Meinung nach notwendig, dass der Ausbau der Erneuerbaren und im Speziellen von Offshore-Windkraft mit dem erhöhten Bedarf für die Wasserstoffproduktion in Einklang gebracht wird. Ørsted sieht hier eine ideale Möglichkeit zur weiteren Dekarbonisierung der deutschen Industrie und „grüner“ Wasserstoff ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung von Sektoren.

Einzigartige Verzahnung der Stoffkreisläufe

Das Besondere und Innovative am Projekt WESTKÜSTE100 ist die Verzahnung unterschiedlicher Sektoren innerhalb einer bestehenden regionalen Infrastruktur. Dazu zählt auch die Einbindung „grünen“ Wasserstoffs in den bestehenden Prozess der Raffinerie Heide, der den Einsatz „grauen“ Wasserstoffs ersetzen soll. Außerdem werden Teile des erzeugten Wasserstoffs über eine neu zu errichtende Wasserstoffpipeline zu den Stadtwerken Heide zur Übernahme in das Erdgasnetz transportiert. In einem weiteren Schritt wird künftig eine Wasserstofftankstelle beliefert.

Alle Meilensteine, die im WESTKÜSTE100 Projekt erarbeitet werden, sind Grundlage für die nächsten Skalierungsschritte. Die Vision aller Partner ist der Bau einer 700-MW-Elektrolyse-Anlage. Hier sollen perspektivisch die bei der Elektrolyse entstehende Abwärme und der Sauerstoff verwendet werden. Außerdem ist die Produktion klimafreundlicher Treibstoffe für Flugzeuge und die umfangreiche Einspeisung in Gasnetze vorgesehen.

Einspeisung ins Gasnetz

Nach Aussage von Dr. Jörg Bergmann, CEO bei der Open Grid Europe GmbH, ist sein Unternehmen mit dem Zuwendungsbescheid dem Projektziel, reinen Wasserstoff in einer zum Gasversorgungsnetz gehörenden Leitung zu transportieren, einen großen Schritt nähergekommen. Jetzt gilt es, dieses Energiewendeprojekt schnellstmöglich umzusetzen. Dazu müssen jetzt noch die genehmigungsrechtlichen und regulatorischen Hürden genommen werden, damit gemeinsam mit den anderen Projektpartnern im nächsten Jahr die finale Investitionsentscheidung für den Baustart getroffen werden kann.

Für Michael Riechel, Vorstandsvorsitzender der Thüga AG, ist das Fernziel eine Wasserstoff-Quote im Gasnetz von bis zu 100 % bis zum Jahr 2050. Mit dem Testlauf einer Wasserstoff-Beimischung von bis zu 20 % in einem Netzabschnitt mit über 200 Haushaltskunden schaffen die Thüga und die Stadtwerke Heide einen konkreten Präzedenzfall – von den Ergebnissen profitieren die rund 100 kommunalen Versorger der Thüga-Gruppe auf ihrem Weg zu dekarbonisierten Gasnetzen.

Nachhaltige Zementproduktion und Kraftstoffherstellung

Für die perspektivische Treibstoffherstellung wird Wasserstoff aus der Elektrolyse und unvermeidbares Kohlendioxid aus der regionalen Zementproduktion in Schleswig-Holstein für den Herstellungsprozess eingesetzt. Im Rahmen der ersten Projektphase wird die Umstellung des Zementwerkes Lägerdorf auf ein umweltfreundlicheres Verbrennungsverfahren (Oxyfuel) vorbereitet.

Daher ist auch für Thorsten Hahn, CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung der Holcim (Deutschland) GmbH, die Förderzusage ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Zementproduktion. Für ihn muss jetzt entschlossen und mit großen Schritten weiter vorangegangen werden, um in den kommenden Jahren die final angestrebte Sektorenkopplung mit großindustrieller Skalierung zu erreichen.

Die Kompetenzen in der Herstellung von „grünem“ Wasserstoff mittels Elektrolyse sowie in der Nutzbarmachung von Kohlendioxid als Rohstoff für „grünes“ Methanol einbringen zu können, ist nach Aussage von Sami Pelkonen, CEO Chemical & Process Technologies der thyssenkrupp, für sein Unternehmen eine einzigartige Gelegenheit. Die Umsetzung des Projektres WESTKÜSTE100 wird seiner Meinung nach dazu beitragen, die führende Rolle der deutschen Industrie bei Wasserstofftechnologien weiter zu stärken.