
DIW Konjunkturbarometer Juli 2020: Deutsche Wirtschaft hangelt sich Stück für Stück aus tiefem Loch
Das Konjunkturbarometer des DIW Berlin Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V. hat sich im Juli dieses Jahres deutlich erholt. Für das noch junge dritte Quartal schnellt es auf 90 Punkte nach oben. Zum Vergleich: Für das zweite Quartal steht das Barometer aktuell bei nur 26 Punkten. Das erwartete Wachstum der deutschen Wirtschaft liegt für das laufende Vierteljahr bei kräftigen 3 % gegenüber den vorangegangenen drei Monaten. Die Zeichen stehen für DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen eindeutig auf Erholung, doch trotz jetzt wieder kräftiger Zuwächse wird es voraussichtlich zwei Jahre dauern, bis der historische Einbruch vom Frühjahr wettgemacht ist.
Die deutsche Wirtschaft hangelt sich Stück für Stück aus dem tiefen Loch, in das sie im zweiten Quartal 2020 gefallen ist – bedingt durch den Lockdown dürfte das Bruttoinlandsprodukt zweistellig und damit in noch nie dagewesenem Ausmaß eingebrochen sein. Erste Schätzungen veröffentlichte das Statistische Bundesamt, Wiesbaden, am 30. Juli 2020.
Demnach sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 10,1 % im Vergleich zum Vorquartal. Das ist der stärkste Rückgang seit der vierteljährlichen BIP-Berechnungen für Deutschland im Jahr 1970. Er fiel noch deutlich stärker aus als während der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise (- 4,7 % im ersten Quartal 2009).
Nach Ansicht von Simon Junker, Experte für die Konjunktur in Deutschland, ist jedoch nicht der Lockdown, sondern die Pandemie an sich die Ursache der Rezession. Ein Blick auf die USA lässt erahnen, wie verheerend das Virus ohne weitgehende Einschränkungen hätte grassieren können – und dann unter Inkaufnahme menschlichen Leids dennoch später zu einem Wirtschaftseinbruch geführt hätte.
Bleibt eine zweite Infektionswelle aus, dürften die Lockerungen der coronabedingten Einschränkungen ein kräftiges Aufholwachstum in Gang setzen. Allerdings belasten die Sorgen vor weiteren Infektionswellen ebenso wie die wirtschaftlichen Nachwirkungen der ersten akuten Phase die konjunkturelle Erholung. Während die Wirtschaftspolitik die Einkommen hierzulande stabilisieren dürfte, drücken die in vielen Ländern teils drastischen direkten Folgen der Pandemie die Entwicklung der deutschen Exporte. Alles in allem dürfte die deutsche Wirtschaft ihr Vorkrisenniveau erst im Jahr 2022 wieder erreichen.